Freitag, 26. Juni 2015

Mach ruhig langsamer | Lucky Friday

Wie jeden Freitag ein Rückblick auf die Woche und das Sicht-Bewusstmachen von Dingen und Momenten, für die ich dankbar bin.


Kennt ihr das auch, wenn ihr zufällig (oder gibt es vielleicht gar keine Zufälle?) auf einen Artikel, einen TV-Beitrag, eine Info, ein Plakat, eine Textzeile oder irgendetwas in der Art trefft und plötzlich macht es "KAWOOOM!!!" in eurem Kopf, weil das einfach perfekt auf euch, euer Leben, eine Lebenssituation, ein aktuelles Problem zutrifft und so eine gewisse Erkenntnis mit sich bringt?


Die aktuelle Flow lag jetzt eine Zeit lang eher unbeachtet auf dem Wohnzimmertisch, weil ich einfach noch nicht die Zeit und die Muße hatte, mich näher damit zu beschäftigen. Gestern Abend habe ich sie dann zumindest mal kurz in die Hand genommen und schon das Zitat auf dem Cover hat einen Nerv bei mir getroffen. Ich habe dann auch noch den ersten Artikel gelesen.


Sehr interessant und gut geschrieben. Es geht darum um vieles, was ich auch in meinem Ich bin ein Igel Beitrag über das Einigeln im Winter geschrieben habe: Wir haben unser Leben in den letzten Jahrzehnten stetig "optimiert", haben Erfindungen und Neuerungen durchgesetzt, die uns Arbeit erleichtern und Zeit ersparen sollen. Doch im Endeffekt läuft alles darauf hinaus, dass wir nun in der gleichen Zeit noch mehr erledigen wollen/sollen/müssen. Mehr Freizeit bringt uns das alles nicht. Außerdem ignoriert unsere Gesellschaftsstruktur komplett den natürlichen Biorhythmus und alte Traditionen, die festlegen, wann wir uns wofür Zeit nehmen und wann welche Aufgaben und Tätigkeiten am meisten Sinn machen und auch am Besten umgesetzt werden können. Nicht umsonst machen z.B. die Südländer Siesta während der heißen Mittagszeit. Und bei uns? Einerseits sind Schlafen, Essen, Arbeiten, Freizeit, Familienzeit, Unternehmungen mit Freunden etc. in feste zeitliche Korsagen gepresst. Wir sind ständig im Stress, haben ständig Termine, müssen multitasken und x Dinge gleichzeitig bedenken und machen. Das führt letztendlich sogar dazu, dass selbst Tätigkeiten, die uns eigentlich Spaß machen und die eigentlich zum Ausgleich gedacht sind, uns stressen und in Zeitdruck bringen. Andererseits müssen wir ständig flexibel sein, man kann zu jeder Tages- und Nachtzeit einkaufen, Kundenservice-Hotlines sind fast rund um die Uhr erreichbar. Alles muss immer verfügbar sein. Aber sind wir dadurch entspannter? Gelassener? Ruhiger? Seid ihr's?


Wir sind zudem auch noch ständig erreichbar. Eigentlich toll, oder? Nunja, "eigentlich" impliziert immer auch ein "aber". Natürlich sind die technischen Entwicklungen toll. Wir sind mit unseren Lieben, unseren Geschäftspartnern und Hobbykollegen immer in Kontakt. Kurz abklären, was abends geplant ist, wann man sich für den Musikauftritt trifft, ob wir heute Abend spontan grillen....ganz einfach: Smartphone zur Hand und einen der vielen möglichen Kanäle genutzt.

Mir ist selber in den letzten Tagen erst so richtig bewusst geworden, dass ich mein Smartphone viel zu oft zur Hand nehme. Vor allem zu Hause, wenn der Arbeitstag abgeschlossen ist. Das hat sich so nach und nach unauffällig eingeschlichen. Freiwillige Ehrenämter in meinen Orchestern, vermeintlich wichtige erwartete Email-Antworten, neue Beiträge in meinen Lieblings-Blogs..."nur nochmal kurz schauen, ob's was Neues gibt." Ja, ich habe in den letzten Wochen sogar jeden Abend direkt vor dem Schlafengehen nochmal kurz Mails abgerufen, bevor ich das Handy in den Offline-Modus versetzt habe... Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, ist das echt schon fast ein bisschen zwanghaft.

"Vielleicht kam ja noch was Wichtiges...."


Pfff, und selbst wenn? Erledigen kann ich's dann eh nicht mehr. Das einzige, was dabei rauskommt, ist dass mein Kopf wieder zu rödeln anfängt und ich nicht schlafen kann, weil ich gedanklich schon Antworten formuliere oder Lösungen suche oder oder oder... Im Wartezimmer beim Doktor auch noch kurz Mails checken oder in der Schlange an der Supermarktkasse, weil ich da ja eh grad total viel Zeit verliere...geht's noch?

Nicht falsch verstehen: Ich finde so ein Smartphone an sich schon superpraktisch und es ist einfach verdammt praktisch, dass man von unterwegs jemanden erreichen kann, ohne erst mal eine Telefonzelle suchen zu müssen und dann hoffentlich Kleingeld in der Tasche zu haben. (Erinnert ihr euch an die Zeit, als das tatsächlich noch so war???) Natürlich erleichtert unser technischer Stand vieles. Aber wie so oft im Leben ist es eine Frage der Balance. Und wir tendieren leider sehr dazu, uns komplett von alldem einnehmen zu lassen. Nicht umsonst gibt es Bewegungen wie Slow Food, Slow Living, boomen Yoga-Kurse, Entschleunigungs-Seminare. Der springende Punkt dabei ist nur: Diese Entwicklung muss sich verinnerlichen. Und das ist in unserer Gesellschaft verdammt schwierig.

Der Artikel in der Flow ist thematisch voll auf meine Gedanken der letzten Zeit aufgesprungen. Gestern Abend habe ich keine Mails mehr gecheckt, bevor wir schlafengegangen sind. Und heute früh habe ich meine Mail-App vom Handy gelöscht. Es hat davor auch funktioniert, dass ich meine Mails an einem Computer abrufe, lese und beantworte. Und wenn ich ehrlich bin, beantworte ich ohnehin so gut wie nie Mails vom Handy, weil mir das mit der Schreiberei viel zu umständlich ist. Also was soll das? Ich probier das jetzt aus und ich glaube, dass ich nach der Entwöhnungsphase die App nicht vermissen werde.

Und ich habe mir fest vorgenommen, meine Einstellung zu ändern. Ich muss nicht jede sms, jede WhatsApp, jede Mail sofort beantworten. Es ist ja auch nicht so, dass ich das jetzt immer mache - aber ich habe oft das Gefühl, dass ich es sollte. Ich bin sicher kein totales Opfer der modernen Kommunikation - da gibt es sicherlich sehr viele deutlich härtere Fälle als mich. Ich klinke mich schon auch öfter mal aus und mache nicht jeden App-Trend mit. Aber ich spüre in mir drin, dass es für mich persönlich trotzdem zu viel ist. Ich möchte einfach wieder mehr darauf achten, was ich mit meiner Zeit mache und wie viel Zeit ich damit verschwende, erreichbar zu sein.


Und ich denke, ich werde mal die netten Mindfullness-Kärtchen ausprobieren, die der aktuellen Flow beiliegen. Eine nette kleine Idee für die Ruhepause und Achtsamkeitserinnerung im Alltag.


Danke, liebe Flow für diese Ausgabe, die für mich genau zur richtigen Zeit kam und mir nochmal den richtigen Schubs gegeben hat! Ich werde mich mit dieser Thematik gedanklich sicher noch mehr auseinandersetzen und mir überlegen, wie ich mein Leben wieder etwas langsamer gestalten kann.

Wie steht ihr zur ständigen Erreichbarkeit, zum vermeintlichen Rundum-Sorglos-Paket rund um die Uhr? Wie schafft ihr euch Freiräume und "echte" Ruhepausen?

Ein schönes sonniges Wochenende!
Claudi
Mrs Always Right

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen